Eines der beliebtesten, gebräuchlichsten, natürlichen und empfohlen Hausmittel bei Verdauungsbeschwerden ist der Leinsamen.
Leinsamen ist eines der heimischen Superfoods und enthält sehr viele wertvolle Vitalstoffe. Er bestehen hauptsächlich aus Ballaststoffen (ca. 25%), Eiweiß (ca. 25%) und Fett (ca. 30 – 45%), meist Öl-, Linol- und Linolensäure (Omega-3-Fettsäure). Dazu einer Reihe von sekundären Pflanzenstoffen.
Auch Mineralien sind reichlich in Leinsamen enthalten, u.a. Kalium, Calcium , Magnesium und Mangan.
Geschätzt wird Leinsamen wegen seiner verdauungsfördernden Wirkung, die hauptsächlich auf den Ballaststoffen beruht und dem Aufquellen der Körner. Dafür braucht Leinsamen einiges an Flüssigkeit und sollte deshalb immer mit viel Flüssigkeit genommen werden. Die vorhandenen Schmierstoffe können sich auf die Magen- und Darmwände legen und zusätzlich beruhigend wirken.
Einen kleinen Effekt hat das Aufquellen auch beim Sättigungsgefühl, denn es füllt den Magen. Da zusätzlich die Verdauung angeregt wird, ist Leinsamen ein guter Begleiter zur Gewichtsreduzierung.
Man sollte es jedoch nicht übertreiben, denn Leinsamen enthält auch Blausäure und der Quelleffekt kann bei Mangel an Flüssigkeit auch problematisch werden.
Blausäure in Leinsamen
Immer wieder tauchen Berichte auf, wonach der Leinsamen durch die vorhandene Blausäure wohl doch nicht so gesund sei wie gedacht. Was nicht nur Gesundheitsbewusste verunsichert.
Blausäure
Es sind mehr als 1000 Pflanzen weltweit bekannt die Blausäure produzieren und enthalten. Sie wehren sich damit gehen Fressfeinde oder Konkurrenten.
Durch Aufnahme von Blausäure (Cyanwasserstoff) in den Körper wird ein wichtiges Enzym für die Zellatmung blockiert. Die betroffenen Zellen können den Sauerstoff nicht mehr verwerten, was zum inneren Ersticken führt.
Der menschliche Körper kann Blausäure abbauen und damit unschädlich machen. Allerdings nur wenn bestimmte Mengen nicht überschritten werden. Die tolerierbare Dosis schwankt von Mensch zu Mensch allerdings erheblich zwischen 1mg (Milligramm) – 60mg pro Kilogramm Körpergewicht.
Leinsamen
Durch 100g Leinsamen können zwischen 20 und 50 mg Blausäure freigesetzt werden. Das erfolgt jedoch deutlich langsamer als z.B. bei Aprikosenkernen oder Bittermandeln, die zusätzlich sehr viel mehr Blausäure enthalten.
Quell- und Schleimstoffe
100g Leinsamen ist auch eine sehr große Menge und sollte schon deshalb nicht auf einmal verzehrt werden weil es zu Verklebungen kommen kann.
Durch die Quell- und Schleimstoffe können die kleinen Körnchen z.B. die Speiseröhre oder den Darm verkleben und schlimmstenfalls zum Darmverschluss führen. Menschen mit Verengungen der Speiseröhre und akuten Magen-Darm-Entzündungen sollten da vorsichtig sein.
Grundsätzlich empfiehlt es sich deshalb beim Verzehr von Leinsamen zusätzlich viel zu trinken.
Leinsamen im Alltag
Wer Leinsamen als Lieferant von wertvollen Inhaltsstoffen und zur Regulierung der Verdauung zu sich nehmen will, der kann das bedenkenlos tun, wenn er die Mengen beachtet.
1 bis 3 Esslöffel (3 EL sind ca. 31g) täglich sind für einen Erwachsenen hinsichtlich des Blausäureanteils unproblematisch. Diese Menge reicht normalerweise auch aus um die verdauungsfördernde Wirkung zu erreichen.
Man muss ja auch nicht alle Ballaststoffe durch Leinsamen aufnehmen, ganz im Gegenteil andere Lebensmittel bringen zusätzliche wertvolle Vitalstoffe mit die die des Leinsamens ergänzen.
Leinsamen sollte immer geschrotet und am besten in Wasser eingeweicht gegessen werden. So sind die Inhaltsstoffe besser für den Körper verfügbar, die Quell- und Schleimstoffe sind bereits mit Wasser angereichert und der Verfall von Blausäure hat begonnen.
Studien zu Blausäure in Leinsamen
Tatsächlich gibt es keine großen Studien dazu, die die gesundheitlichen Auswirkungen eines regelmäßigen Verzehrs von Leinsamen beschreibt.
Kleine Studien mit wenigen Teilnehmern können allenfalls als Anhaltspunkte dienen.
Einmaliger Genuss von 31g Leinsamen
Bereits 1983 wurde von einem Wissenschaftsteam festgestellt, dass ein einmaliger Genuss von 31 g Leinsamen bzw. bei einem mehrwöchigen Verzehr von dreimal täglich 15 g Leinsamen nicht zu einem nennenswerten Anstieg von Blausäure im Blut führte. Die Studie wurde mit 25 Personen durchgeführt. Die Konzentration von Thiocyanat im Blut und im Urin war zwar deutlich erhöht, aber ein Hinweis, dass daraus gesundheitliche Schäden entstehen konnte nicht festgestellt werden.
Schulz u.a. (1983)
Resorption of hydrocyanic acid from linseed. Leber, Magen, Darm. 13(1):10-4, 1983 (Zusammenfassung der Studie)
Leinsamen, Aprikosenkerne, Maniok
Eine weitere Studie mit lediglich 12 Personen untersuchte, wie schnell die Blausäure im Blut nach Konsum von Lebensmitteln, die Blausäure-Vorstufen enthalten ansteigt und ob das mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Dabei wurden neben Leinsamen auch die bitteren Aprikosenkerne, Maniok und Persipan, ein Marzipan aus Aprikosenkernen untersucht.
Die Testteilnehmer erhielten auf nüchternen Magen 6,8 Milligramm Blausäure über eines der genannten Lebensmittel zu essen. Bei Leinsamen war das eine Menge von 31 g, bei den Aprikosenkernen reichten schon 2 g um diese 6,8 Milligramm zu erreichen.
Unter 3-stündiger Blutkontrolle wurde festgestellt, das beim Leinsamen die Blausäure deutlich langsamer freigesetzt wurde als bei den Aprikosenkernen oder dem Maniok und sie außerhalb laufend auch vom Körper abgebaut wurde. Wichtig war die Erkenntnis, dass es zu keinerlei Symptomen einer Blausäurevergiftung kam. Der Blausäurespiegel im Blut wurde durch den Verzehr von 31 g Leinsamen, was ungefähr 3 EL Leinsamen entspricht, nicht erreicht.
Bundesinstitut für Risikobewertung
Aufgrund seiner Untersuchung schätzt das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Leinsamen als gesundheitlich unbedenklich ein, solange bestimmte Mengen nicht überschritten werden
Bundesamt für Risikobewertung BfR (2015)
Neue Daten aus BfR-Humanstudie: Kein Cyanid-Risiko bei Verzehr von Marzipan und Persipan. Mitteilung Nr. 006/2015 des BfR vom 3. März 2015.